2.4
Die Demokratisierung der Unternehmen
Eine
Umfrage hat ergeben, dass fast drei Viertel aller Befragten mit ihrer
Arbeit nicht zufrieden sind und nur Dienst nach Vorschrift machen.
Wir müssen alles tun, dass sich das grundlegend verändert.
Während
unseres Berufslebens verbringen wir den größten Teil unserer
aktiven Zeit bei der Arbeit. Wenn wir uns da nicht wohl fühlen, dann
wird das unsere Schaffensfreude und damit unsere Innovation und
Leistungsfähigkeit stark beeinträchtigen und es ist ein großer
Verlust an Lebensqualität. Erst wenn uns die Arbeit Spaß macht,
dann werden wir auch Erfolge erzielen und mit unseren
Arbeitsergebnissen Anerkennung und Wertschätzung ernten. Hier muss
eine grundsätzliche Verbesserung erreicht werden.
Es
gibt schon heute nicht wenige Betriebe, in denen die
Unternehmensleitung vorbildlich mit der Belegschaft und den
Belegschaftsgremien zusammenarbeiten und dabei große Erfolge
erzielen. Dies muss gängige Praxis in allen Betrieben werden. Ziel
muss sein, dass die leider immer noch vorhandene, unterschwellige
Gegnerschaft zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern völlig
überwunden wird und dass es zu einer vertrauensvollen
Sozialpartnerschaft kommt.
In
der solidarischen Gesellschaft endet deshalb die Demokratie nicht am
Werkstor. Es ist das erklärte Ziel der solidarischen Gesellschaft,
dass die Zusammenarbeit in allen Betrieben partnerschaftlich
gestaltet wird. Das setzt voraus, dass es keine organisatorischen und
finanziellen Geheimnisse innerhalb des Betriebes gibt. Alle haben den
gleichen Wissensstand, unabhängig davon ob die Geschäfte des
Betriebes gut laufen, oder ob es Probleme gibt. Nur so können alle
am gleichen Strang ziehen.
Das
Betriebsverfassungsgesetz muss deshalb grundlegend überarbeitet
werden.
Für
die Neufassung werden folgende Eckpunkte vorgeschlagen:
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Die Mitbestimmungsrechte der Betriebs- und Personalräte müssen deutlich ausgeweitet werden. Das gilt im Besonderen für:
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die Einstufung der Mitarbeiter/innen in die vom Solidaritätsrat festgesetzten Lohngruppen,
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Die Schulungsmaßnahmen für alle Mitarbeiter/innen, auch für Führungskräfte
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Die Ernennung von Führungskräften
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Maßnahmen zur Reduzierung des Rohstoffverbrauchs und des Ausstoßes von klimaschädlichen Gasen und anderen umweltbelastenden Stoffen
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Die Arbeitsschutzmaßnahmen
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Die betrieblichen sozialen Leistungen
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Die Arbeitszeitregelungen
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Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern und Führungskräften
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Disziplinarmaßnahmen
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Klärung von betriebsinternen Unstimmigkeiten und Beschwerden gegenüber der Betriebsleitung, den Führungskräften und gegenüber Mitarbeiter/innen
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Beschlüsse zur Kurzarbeit
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Strategische Beschlüsse über die Zukunft des Betriebes, wie z.B. Standortveränderungen, Produktpalette, Entwicklung neuer Produkte, Betriebsübernahmen oder Verkäufe von Betriebssegmenten, Finanzierung von Investitionen, sowie Verwendung des erwirtschafteten Gewinns. (In Betrieben mit einem Aufsichtsrat werden die in diesem Spiegelpunkt aufgezählten Aufgaben vom Aufsichtsrat wahrgenommen.)
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Die Zusammensetzung der Aufsichtsräte wird sich grundlegend verändern. Es wird vorgeschlagen, dass in Zukunft 40 % der Aufsichtsräte von Angehörigen des Betriebes gewählt werden und 35 % von den TeilhaberInnen bzw. den Aktionären. Die gewählten Aufsichtsräte dieser beiden Gruppen berufen im Konsensverfahren die restlichen 25 % des Aufsichtsrates, in dem Vertreter/innen von Verbraucherorganisationen, Umweltverbänden, Gewerkschaften, Berufsverbänden und gewählte Politiker/innen vertreten sind. Der Aufsichtsrat wählt seine(n) Vorsitzende(n) und die Geschäftsführung des Betriebes, er legt die Besoldung der Geschäftsführung im Rahmen der Vorgaben des Solidaritätsrates fest und beschließt alle strategischen Entscheidungen.
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Die Besoldung der Mitglieder des Aufsichtsrates muss neu gefasst werden. Ziel ist, dass es für die Arbeit in einem Aufsichtsrat nur noch eine knapp bemessene Aufwandsentschädigung gibt. Die Mitarbeit in einem Aufsichtsrat muss Ehrensache sein und kein finanziell lukrativer „Job“.
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Es müssen auch ganz neue Bilanzregeln für die Unternehmen erarbeitet werden, so dass ersichtlich wird, wie effektiv ein Betrieb dem Gemeinwohl dient. Natürlich wird auch über das wirtschaftliche Ergebnis weiterhin berichtet, dies ist aber nicht mehr prioritär.
Die
Veränderungen im Betriebsverfassungsgesetz, die demokratisch
erarbeitete Entlohnungsordnung durch den Solidaritätsrat, die großen
Herausforderungen zur Erzielung der ökologischen Zukunftsfähigkeit,
der Übergang in eine Wirtschaft ohne Wachstum und die neuen
Bilanzierungsregeln erfordern von den Unternehmen und den
Gewerkschaften ein ganz neues Rollenverständnis.
Bei
den Betrieben stehen nicht mehr die Maximierung der Gewinne im
Vordergrund, sondern der bestmögliche Beitrag zur Bewältigung des
ökologischen Umbaus und die Bereitstellung von Produkten und
Dienstleistungen, die der Verbesserung des Wohlstandes der Menschen
dient. Dazu müssen sie Schulungen für die Führungskräfte und die
Mitarbeiter/innen organisieren, um so die bestmögliche Nutzung der
in ihren Betrieben vorhandenen menschlichen „Ressourcen“ zu
erreichen und die sich dadurch eröffnenden Chancen zu nutzen.
Auch
die Gewerkschaften müssen sich in eine neue, sehr
verantwortungsvolle Rolle hineinfinden. Sie sind weiterhin das
Sprachrohr der Arbeitnehmerschaft, aber sie müssen nicht mehr Jahr
für Jahr um höhere Löhne streiten, da diese Aufgabe der
Solidaritätsrat erfüllt. Die Gewerkschaften müssen darüber
wachen, dass in den Betrieben die Eingruppierungen der Arbeitsplätze
entsprechend den Arbeitsplatzbewertungen des Solidaritätsrates
erfolgen, und sie werden wichtige Träger für die Schulungen ihrer
Mitglieder, ganz besonders der Vertreter/innen in den Betriebs-
Personal- und Aufsichtsräten. Darüber hinaus sind sie auch Teil der
Konsumentenvertretung. Da sie direkt in den Betrieben wirken können,
spielen sie eine aktive Rolle bei der Festlegung der betrieblichen
Produktpaletten, damit in erster Linie das produziert wird, was den
Menschen dienlich ist, und auch sie haben die Aufgabe, die Betriebe
bei der Bewältigung der ökologischen Herausforderung zu
unterstützen.
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