Freitag, 2. Oktober 2015

Demokratie in Unternehmen

2.4 Die Demokratisierung der Unternehmen

Eine Umfrage hat ergeben, dass fast drei Viertel aller Befragten mit ihrer Arbeit nicht zufrieden sind und nur Dienst nach Vorschrift machen. Wir müssen alles tun, dass sich das grundlegend verändert.

Während unseres Berufslebens verbringen wir den größten Teil unserer aktiven Zeit bei der Arbeit. Wenn wir uns da nicht wohl fühlen, dann wird das unsere Schaffensfreude und damit unsere Innovation und Leistungsfähigkeit stark beeinträchtigen und es ist ein großer Verlust an Lebensqualität. Erst wenn uns die Arbeit Spaß macht, dann werden wir auch Erfolge erzielen und mit unseren Arbeitsergebnissen Anerkennung und Wertschätzung ernten. Hier muss eine grundsätzliche Verbesserung erreicht werden.

Es gibt schon heute nicht wenige Betriebe, in denen die Unternehmensleitung vorbildlich mit der Belegschaft und den Belegschaftsgremien zusammenarbeiten und dabei große Erfolge erzielen. Dies muss gängige Praxis in allen Betrieben werden. Ziel muss sein, dass die leider immer noch vorhandene, unterschwellige Gegnerschaft zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern völlig überwunden wird und dass es zu einer vertrauensvollen Sozialpartnerschaft kommt.

In der solidarischen Gesellschaft endet deshalb die Demokratie nicht am Werkstor. Es ist das erklärte Ziel der solidarischen Gesellschaft, dass die Zusammenarbeit in allen Betrieben partnerschaftlich gestaltet wird. Das setzt voraus, dass es keine organisatorischen und finanziellen Geheimnisse innerhalb des Betriebes gibt. Alle haben den gleichen Wissensstand, unabhängig davon ob die Geschäfte des Betriebes gut laufen, oder ob es Probleme gibt. Nur so können alle am gleichen Strang ziehen.

Das Betriebsverfassungsgesetz muss deshalb grundlegend überarbeitet werden.
Für die Neufassung werden folgende Eckpunkte vorgeschlagen:

  1. Die Mitbestimmungsrechte der Betriebs- und Personalräte müssen deutlich ausgeweitet werden. Das gilt im Besonderen für:
  • die Einstufung der Mitarbeiter/innen in die vom Solidaritätsrat festgesetzten Lohngruppen,
  • Die Schulungsmaßnahmen für alle Mitarbeiter/innen, auch für Führungskräfte
  • Die Ernennung von Führungskräften
  • Maßnahmen zur Reduzierung des Rohstoffverbrauchs und des Ausstoßes von klimaschädlichen Gasen und anderen umweltbelastenden Stoffen
  • Die Arbeitsschutzmaßnahmen
  • Die betrieblichen sozialen Leistungen
  • Die Arbeitszeitregelungen
  • Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern und Führungskräften
  • Disziplinarmaßnahmen
  • Klärung von betriebsinternen Unstimmigkeiten und Beschwerden gegenüber der Betriebsleitung, den Führungskräften und gegenüber Mitarbeiter/innen
  • Beschlüsse zur Kurzarbeit
  • Strategische Beschlüsse über die Zukunft des Betriebes, wie z.B. Standortveränderungen, Produktpalette, Entwicklung neuer Produkte, Betriebsübernahmen oder Verkäufe von Betriebssegmenten, Finanzierung von Investitionen, sowie Verwendung des erwirtschafteten Gewinns. (In Betrieben mit einem Aufsichtsrat werden die in diesem Spiegelpunkt aufgezählten Aufgaben vom Aufsichtsrat wahrgenommen.)

  1. Die Zusammensetzung der Aufsichtsräte wird sich grundlegend verändern. Es wird vorgeschlagen, dass in Zukunft 40 % der Aufsichtsräte von Angehörigen des Betriebes gewählt werden und 35 % von den TeilhaberInnen bzw. den Aktionären. Die gewählten Aufsichtsräte dieser beiden Gruppen berufen im Konsensverfahren die restlichen 25 % des Aufsichtsrates, in dem Vertreter/innen von Verbraucherorganisationen, Umweltverbänden, Gewerkschaften, Berufsverbänden und gewählte Politiker/innen vertreten sind. Der Aufsichtsrat wählt seine(n) Vorsitzende(n) und die Geschäftsführung des Betriebes, er legt die Besoldung der Geschäftsführung im Rahmen der Vorgaben des Solidaritätsrates fest und beschließt alle strategischen Entscheidungen.

  1. Die Besoldung der Mitglieder des Aufsichtsrates muss neu gefasst werden. Ziel ist, dass es für die Arbeit in einem Aufsichtsrat nur noch eine knapp bemessene Aufwandsentschädigung gibt. Die Mitarbeit in einem Aufsichtsrat muss Ehrensache sein und kein finanziell lukrativer „Job“.

  1. Es müssen auch ganz neue Bilanzregeln für die Unternehmen erarbeitet werden, so dass ersichtlich wird, wie effektiv ein Betrieb dem Gemeinwohl dient. Natürlich wird auch über das wirtschaftliche Ergebnis weiterhin berichtet, dies ist aber nicht mehr prioritär.

Die Veränderungen im Betriebsverfassungsgesetz, die demokratisch erarbeitete Entlohnungsordnung durch den Solidaritätsrat, die großen Herausforderungen zur Erzielung der ökologischen Zukunftsfähigkeit, der Übergang in eine Wirtschaft ohne Wachstum und die neuen Bilanzierungsregeln erfordern von den Unternehmen und den Gewerkschaften ein ganz neues Rollenverständnis.
Bei den Betrieben stehen nicht mehr die Maximierung der Gewinne im Vordergrund, sondern der bestmögliche Beitrag zur Bewältigung des ökologischen Umbaus und die Bereitstellung von Produkten und Dienstleistungen, die der Verbesserung des Wohlstandes der Menschen dient. Dazu müssen sie Schulungen für die Führungskräfte und die Mitarbeiter/innen organisieren, um so die bestmögliche Nutzung der in ihren Betrieben vorhandenen menschlichen „Ressourcen“ zu erreichen und die sich dadurch eröffnenden Chancen zu nutzen.

Auch die Gewerkschaften müssen sich in eine neue, sehr verantwortungsvolle Rolle hineinfinden. Sie sind weiterhin das Sprachrohr der Arbeitnehmerschaft, aber sie müssen nicht mehr Jahr für Jahr um höhere Löhne streiten, da diese Aufgabe der Solidaritätsrat erfüllt. Die Gewerkschaften müssen darüber wachen, dass in den Betrieben die Eingruppierungen der Arbeitsplätze entsprechend den Arbeitsplatzbewertungen des Solidaritätsrates erfolgen, und sie werden wichtige Träger für die Schulungen ihrer Mitglieder, ganz besonders der Vertreter/innen in den Betriebs- Personal- und Aufsichtsräten. Darüber hinaus sind sie auch Teil der Konsumentenvertretung. Da sie direkt in den Betrieben wirken können, spielen sie eine aktive Rolle bei der Festlegung der betrieblichen Produktpaletten, damit in erster Linie das produziert wird, was den Menschen dienlich ist, und auch sie haben die Aufgabe, die Betriebe bei der Bewältigung der ökologischen Herausforderung zu unterstützen.

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