2.5
Die Sozialpolitik der solidarischen Gesellschaft
Die
Familienpolitik der solidarischen Gesellschaft
In
der Familienpolitik gibt es in Deutschland einen nicht unerheblichen
Nachholbedarf. Es wird zwar viel Geld für die Familienpolitik
eingesetzt, vor allem indirekt durch Steuervergünstigungen, dennoch
ist unsere Familienpolitik nicht effektiv im Sinne einer
Familienförderung.
Es
ist immer noch sehr schwierig für unsere Eltern, Familie und Beruf
unter einen „Hut“ zu bringen. Das führt vor allem dazu, dass
Frauen mit akademischer Ausbildung in der Geburtenrate erheblich
unter dem Durchschnitt liegen. Um dies zu verändern, muss in
Zusammenarbeit mit den Betrieben und Behörden erreicht werden, dass
die Arbeitszeiten flexibler gestaltet werden können, mehr Arbeit zu
Hause geleistet werden kann, dass arbeitsplatznahe Horte und
Kindertagesstätten eingerichtet werden und dass dort, wo dies
möglich ist, Kinder auch an den Arbeitsplatz mitgenommen werden
können. Nicht alles, aber vieles ist möglich.
Beim
Ausbau von Horten und Kindertagesstätten, sowie bei der Einrichtung
von Ganztagsschulen wurden in den letzten Jahren Fortschritte
erzielt; diese Anstrengungen müssen fortgesetzt werden.
Die
Erziehung der Kinder durch die Eltern ist wichtig. Für Eltern, die
für diese Aufgabe eine Unterstützung benötigen, müssen
Beratungsstellen eingerichtet werden. Aber nicht alle Eltern können
trotz guter Beratung ihren Kindern die Förderung zuteilwerden
lassen, die ihre Kinder für ihre Entwicklung benötigen. Es wird
daher angemessen sein, den Besuch des Kindergartens ab dem 3.
Lebensjahr zur Pflicht zu machen und bei Kindern mit
Entwicklungsdefiziten müssen gezielte Fördermaßnahmen durchgeführt
werden. Diese Förderung wird selbstverständlich an den Schulen
fortgeführt und in den Ganztagsschulen verstärkt ausgebaut. Da die
Länder für die Bildung verantwortlich sind, ist die finanzielle
Ausstattung der Länder zu verbessern.
Die
finanziellen Leistungen für die Familien sind in ihrer Gesamtheit
nicht zu erhöhen, sie müssen aber so verändert werden, dass
Familien mit Kindern eine deutliche Verbesserung erfahren und es muss
sichergestellt werden, dass Familien mit geringerem Einkommen nicht
schlechter gestellt sind als Familien mit hohem Einkommen. Für die
solidarische Gesellschaft ist deshalb eine Kindergrundsicherung die
angemessene finanzielle Familienförderung. Dadurch erhalten alle
Eltern für ihre Erziehungsleistung die gleiche Unterstützung.
Die
solidarische Krankenversicherung
Eine
große Reform wird es bei der Krankenversicherung geben. Das
bisherige 2 Klassen System mit etwa 140 gesetzlichen Krankenkassen
mit der Honorarabrechnung über die kassenärztlichen Vereinigungen
und zusätzlichen 40 privaten Krankenkassen ist so komplex,
undurchsichtig, verwaltungsaufwändig und auch diskriminierend, dass
hier eine Reform dringend erforderlich ist. Für die solidarische
Gesellschaft ist eine von Grund auf neu gestaltete
Gesundheitsfürsorge vorzusehen, die auch viel stärker als bisher
präventiv tätig ist. Daher
werden die Gesundheitsprogramme für alle Menschen und alle Bereiche
des Lebens ausgewogene körperliche und geistige Tätigkeit fördern.
Dadurch steigt die Lebensqualität bei verminderten Kosten.
Und selbstverständlich
werden in Zukunft alle Bürger/innen, also auch Beamte und
Selbständige in den gesetzlichen Krankenkassen versichert, die alle
erforderlichen Maßnahmen bezahlen.
Bei
dieser Reform werden wir von Österreich viel lernen können, dort
gibt es schon lange diese Versicherung für alle Bürger/innen. Es
muss auch herausgefunden werden, weshalb in Österreich die Beiträge
für die Krankenkassen wesentlich niedriger liegen als in
Deutschland.
Diese
Reform muss nicht „übers Knie gebrochen“ werden. Die Vor- und
Nachteile verschiedener Vorschläge müssen abgewogen, mit
Pilotprojekten in der Praxis überprüft und dann muss das beste
System eingeführt werden.
Die
Finanzierung der Krankenversicherung muss ebenfalls an das
Selbstverständnis der solidarischen Gesellschaft angepasst werden.
In der solidarischen Gesellschaft werden die Lasten solidarisch
getragen, das heißt, wer ein höheres Einkommen hat, bezahlt auch
einen höheren Beitrag, was ja heute auch schon der Fall ist.
Allerdings muss die Bemessungsobergrenze allmählich und mit Augenmaß
erhöht werden. Durch die Neustrukturierung der Krankenversicherung
ist mit einer deutlichen Kostenreduktion zu rechnen, so dass die
Beitragssätze insgesamt sinken werden, so dass auf diejenigen mit
höheren Einkommen trotz der Anhebung der Bemessungsgrenze
möglicherweise keine höheren Belastungen zukommen, aber für die
Bürger/innen mit Einkommen unter der bisherigen Bemessungsobergrenze
ist mit geringeren Beiträgen zu rechnen.
Selbstverständlich
werden die Beiträge paritätisch aufgebracht, aber die Beiträge der
Unternehmen werden nicht, oder zumindest nicht ausschließlich nach
der Lohnsumme berechnet, sondern nach der gesamten Wertschöpfung des
Unternehmens, so dass Wertsteigerungen, die durch einen sehr hohen
Kapitaleinsatz oder durch den Zukauf von Bauteilen aus
Niedriglohn-Ländern erzielt werden, ebenfalls in die
Beitragsberechnung eingehen und dadurch der lohnbezogene Beitrag
weiter reduziert wird.
Die
solidarische Rentenversicherung
Aufgrund
des demographischen Wandels ist die Gewährleistung einer gerechten
und auskömmlichen Altersversorgung eine erschwerte Aufgabe. Fast
zeitgleich mit der höheren Belastung der solidarischen Gesellschaft
bei der Altersversorgung, muss der ökologische Umbau unserer
Wirtschaftsweise bewältigt werden, bei dem die Produktivität des
Rohstoffeinsatzes ganz erheblich gesteigert werden muss. Das wird
dazu führen, dass nicht mehr im gleichen Maß wie in der
Vergangenheit in die Produktivitätssteigerung der Arbeit investiert
werden kann, was bei zurückgehender Anzahl an Menschen im
erwerbsfähigen Alter und gleichzeitiger Zunahme der Bevölkerung im
Rentenalter dringend erforderlich wäre.
Der
neoliberale Lösungsansatz war die Einführung der sogenannten
Riesterrente. Diese löst das Problem jedoch nicht, insbesondere
dann, wenn die Ersparnisse vom Staat oder von unseren Unternehmen als
Kredit aufgenommen werden. Wenn die Rentner/innen das Ersparte für
die Finanzierung ihres Lebensunterhaltes benötigen, dann müssen die
fälligen Rückzahlungen von den Erwerbstätigen in den Betrieben und
von den Steuerzahler/innen, also von den Menschen im erwerbsfähigen
Alter zusätzlich aufgebracht werden. Die Riesterrente ist deshalb
nur eine andere Form der umlagefinanzierten Rente, sie ist aber
wesentlich teurer und birgt große Unsicherheiten und Verlustrisiken.
Damit
die kommenden geburtenschwachen Jahrgänge nicht überfordert werden,
muss auch bei der Rentenversicherung eine wirkliche Solidarität
praktiziert werden, das heißt, dass auch bei der Altersversorgung
alle Bürger/innen gemeinsam die Lasten tragen. Es wird in Zukunft
ein Rentensystem für alle geben, Arbeiter/innen, Angestellte,
Beamte, Künstler/innen und Selbständige, Politiker/innen, alle
bilden auch bei der Altersversorgung eine Solidargemeinschaft.
Der
Solidaritätsrat, der die Höhe der Entlohnung ausarbeitet, wird auch
für die Höhe der Altersbezüge einen Vorschlag machen. Dieser
Vorschlag muss beinhalten, dass auch in Zukunft niemand von
Altersarmut bedroht ist, andererseits werden aber die hohen Renten
„gedeckelt“ werden müssen, damit die Menschen im erwerbsfähigen
Alter nicht überfordert werden.
Es
ist aber auch dringend erforderlich, dass, so lange die
geburtenstarken Jahrgänge noch im Erwerbsleben stehen und noch
Arbeitslosigkeit herrscht, verstärkt in die Zukunft investiert wird
- aber nicht auf Pump, denn das bringt in der Zukunft überhaupt
keine Entlastung, denn zur späteren Schuldentilgung muss die gleiche
Leistung an anderer Stelle erbracht werden und es müssen zusätzlich
die Zinsen bezahlt werden.
Wegen
dieser Zusammenhänge ist die oben dargestellte Halbierung der
Staatsschulden in den nächsten 12 Jahren besonders wichtig, um so
die kommende Generation wenigstens z.T. zu entlasten.
Die
Entlastung der geburtenschwachen Jahrgänge ist auch mit einer
kooperativen Entwicklungspolitik möglich. Wir haben wenige Kinder
und können deshalb nur beschränkt durch die Erziehung und
Ausbildung unserer Kinder in die Zukunft investieren. Es ist denkbar,
dass wir mit Staaten mit einer hohen Geburtenrate eine Kooperation
eingehen und bei der Bildung dieser Jugendlichen und bei der
Entwicklung des Landes helfen. Wir erbringen also jetzt Leistungen
für die Zukunft in einem anderen Land, damit die Bevölkerung, die
jetzt in den Genuss unserer Hilfe kommt, uns in 15, 20, 30 Jahren
helfen kann. Diese Möglichkeit der partnerschaftlichen
Zukunftsgestaltung muss geprüft werden.
Eine
weitere Möglichkeit ist, dass sich Deutschland stärker für den
Zuzug junger Menschen öffnet und ihnen eine gute Ausbildung
ermöglicht, damit sie dann später uns helfen können, die
schwierige Lage zu meistern.
2.6
Die Bildungspolitik der solidarischen Gesellschaft
Bildung
ist die wichtigste Zukunftsinvestition. Die solidarische Gesellschaft
wird dafür sorgen, dass alle Kinder, egal in welche Familien sie
hineingeboren wurden, die Möglichkeit erhalten, ihre Fähigkeiten
voll zu entfalten. Im Klartext heißt das, dass nicht alle Kinder in
den Kitas und in den Schulen im selben Umfang gefördert werden.
Nein, Kinder, die von ihren Eltern keine oder wenig Unterstützung
erhalten, müssen stärker gefördert werden.
Die
Geburtenzahlen sind sehr stark zurückgegangen. Es muss deshalb alles
unternommen werden, damit die Talente aller Kinder voll zur Geltung
kommen. Wir können es uns nicht leisten, wenige Kinder zur Welt zu
bringen und diesen dann nicht einmal eine bestmögliche Ausbildung
zukommen zu lassen. Bildung ist jedoch nicht nur Wissensvermittlung;
zur Bildung gehören ebenso die Verbesserung der Sozialkompetenz, der
Teamfähigkeit und die Pflege der Kultur. Dies wird in der
Konzeption der Gemeinschaftsschulen und der Waldorfschulen
vorbildlich realisiert. Damit Bildung und Ausbildung nicht von den
finanziellen Möglichkeiten der Eltern abhängt, muss ganz
selbstverständlich sein, dass die Ausbildung vom Kindergarten bis
zur Universität von der Gemeinschaft finanziert wird.
Wichtig
ist auch, dass allen Erwachsenen die berufsbegleitende Fortbildung
ermöglicht wird. Ziel muss es sein, auch bei den bereits
berufstätigen Erwachsenen die vorhandenen Potentiale bestmöglich zu
fördern, zum Nutzen der Menschen selbst, aber auch zum Nutzen der
gesamten Gesellschaft. In den Verhandlungen zum neuen
Betriebsverfassungsgesetz muss daher ausgelotet werden, welche Wege
am besten geeignet sind, um dieses Ziel zu erreichen.