Freitag, 2. Oktober 2015

Europapolitik

3. Die Europapolitik der solidarischen Gesellschaft

Der europäische Einigungsprozess, der nach dem 2. Weltkrieg durch die Weitsicht einiger Staatsmänner eingeleitet wurde, ist ein leuchtendes Beispiel für eine zukunftsweisende Politik. Die europäischen Staaten, die viele gemeinsame kulturelle Wurzeln haben, waren seit Jahrhunderten in Kriegen und Auseinandersetzungen verwickelt, zum Leidwesen der Menschen.
Durch den wirklich historischen Einigungsprozess wurde diese unglückselige, lange andauernde geschichtliche Phase der kriegerischen Auseinandersetzungen überwunden. Die europäische Bevölkerung kann sich glücklich preisen, dass sie nun schon seit fast 70 Jahren in den meisten Staaten in Europa, leider gilt das nicht für alle, in Frieden leben können. Dies war und ist eine ganz wesentlich Voraussetzung für die wirtschaftliche Prosperität in Europa und den erreichten hohen Lebensstandard.
Dieses große Einigungswerk dürfen wir nicht durch die Staatsverschuldungskrise zerstören lassen! Nach der Finanz- und Wirtschaftskrise von 2008, zu deren Überwindung von den 10 wichtigsten Staaten 5 Billionen € aufgewendet wurden und von den 27 EU-Staaten allein im Krisenjahr 2009 etwa 800 Mrd. neue Staatsschulden aufgenommen wurden, ist die Krise als „Euro-Krise“ ausgebrochen.
Die Basis für die Eurokrise wurde aber schon in all den Jahren seit der Einführung des Euros gelegt. Es gab seit Jahren genügend Stimmen, die darauf hinwiesen, dass eine Gemeinschaft von Staaten mit der gleichen Währung auch die gleiche, oder zumindest eine eng abgestimmte Wirtschafts-, Finanz-, Steuer-, Sozial- und Lohnpolitik betreiben muss. Dies ist nicht erfolgt. Fest steht, dass es ein „sich weiter durchwursteln“, so wie in der Vergangenheit, nicht geben kann.

Europa ist nun an einem ganz entscheidenden Punkt angelangt.

Der europäische Einigungsprozess ist in der Vergangenheit vor allem von der Wirtschaft, insbesondere von den großen Konzernen, vorangetrieben und geprägt worden. Wirtschaftliche Interessen standen im Mittelpunkt. Die Bevölkerung hat zwar den Einigungsprozess ebenfalls begrüßt, sie war aber keine treibende Kraft. 
Skepsis mischte sich immer stärker unter die Befürwortung der europäischen Idee, je mehr die Europapolitik vom neoliberalen Gedankengut beeinflusst und geprägt wurde. Die Bevölkerung möchte mehrheitlich ein soziales, ökologisches, solidarisches und demokratisches Europa für die Menschen und nicht ein undemokratisches, neoliberales Europa der Konzerne. Das Fehlen einer Europäischen Verfassung, die alle Bürger/innen verstehen, unterstreicht diesen Zustand.

Die erforderlichen Veränderungen sind so einschneidend, dass sie von einem gewählten Konvent gründlich ausgearbeitet, dann ausgiebig in der Öffentlichkeit diskutiert und danach in allen Staaten dem Votum der Bürger/innen vorgelegt werden müssen.

Dieser Prozess wird wohl gut 2 - 3 Jahre dauern. Während dieser Zeit müssen besonders die Euro-Staaten solidarisch zusammenstehen, damit die Entscheidungen für die Zukunft auf demokratischem Wege erfolgen können und nicht schon vorher durch das spekulative Treiben der Finanzakteure andere Fakten geschaffen werden und dann keine Wahl mehr möglich ist.

Es ist zwingend erforderlich, dass zumindest die Mitgliedsländer der EWU, ihre Wirtschafts- und Steuerpolitik eng abstimmen, und in der gesamten EU sind die Kapital-, Unternehmens-, Vermögens- und Erbschaftssteuern zu vereinheitlichen, damit die Staaten nicht mehr gegeneinander ausgespielt werden und somit ihre Handlungsfähigkeit wieder zurückgewinnen. Das Wettrennen um die niedrigsten Kapital- und Unternehmenssteuern muss beendet werden
Zusätzlich muss die Europäische Union den Staaten, die durch anhaltende Handelsbilanz-Defizite und durch die Finanz- und Wirtschaftskrise in Schwierigkeiten geraten sind, bei der Entwicklung ihrer Wirtschaft helfen. Deutschland, das seit 14 Jahren einen hohen Handelsbilanzüberschuss hat, muss sich seiner Verantwortung bewusst werden und ihre Unternehmen auffordern, in den Defizitländern zu investieren, oder den Defizitländern durch bilaterale Maßnahmen Unterstützung gewähren.

Solidarität unter den Staaten der EU erfordert auch eine Abkehr von der Unterstützung der Steuerhinterzieher, zum Schaden der gesamten Gemeinschaft. Nicht nur die Krisenstaaten leiden unter dieser unsolidarischen Politik, nahezu alle Mitgliedsstaaten sind davon betroffen. Diese (Hehler-)Politik kann nicht länger geduldet werden.
Die neugewonnene Handlungsfähigkeit wird die EU-Staaten in die Lage versetzen, mehr in die Zukunftsfähigkeit zu investieren. Es ist jedoch wichtig, dass nicht nur die öffentlichen Haushalte sehr viel mehr in die Zukunft investieren. Auch die privaten Haushalte und die Unternehmen müssen durch geeignete politische Maßnahmen (z.B. wie sie im Abschnitt 1 vorgeschlagen werden) dazu veranlasst werden, für die Zukunftsfähigkeit zu investieren.

Die Gremien der EU müssen bei der sozial-ökologischen Erneuerung eine „Treiberrolle“ übernehmen und sie müssen dafür sorgen, dass jeweils die besten Maßnahmen in einem Land in allen anderen Ländern eingeführt werden. So wird die EU eine Vorreiterrolle im sozial-ökologischen Umbauprozess einnehmen, der letztendlich weltweit stattfinden muss.
Auch deshalb muss der Einigungsprozess innerhalb der EU voranschreiten.


Die Agrarpolitik ist eine starke Domäne der EU-Politik. Fast die Hälfte des EU-Budgets wird für die Agrarpolitik, hauptsächlich für Subventionen, verwendet. Wir sind der Meinung, dass es hier in Zukunft Veränderungen geben muss. Die Flächenbezogene Subventionierung aller Betriebe muss eingestellt werden. In Zukunft kann nur noch die Ökolandwirtschaft subventioniert werden, weil sie einen beträchtlichen Beitrag für den Klimaschutz leisten kann. Eine flächenbezogene Subventionierung kann es sonst nur noch für Steillagen und Böden mit geringer Bonität geben, damit sie weiterhin bewirtschaftet werden.

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