2.2
Angemessene Gewinne aus Unternehmen und Kapital
Da
die Verteilung der gemeinsam erarbeiteten Wertschöpfung auch durch
die erwirtschafteten Gewinne aus Kapital und wirtschaftlicher
Aktivität erfolgt, wird der Solidaritätsrat
in einem weiteren
Schritt die Grenzen
für die als gerecht empfundenen Zinsen und Gewinne
und ihre Verwendung erarbeiten. Hier muss ein tragfähiger Kompromiss
gefunden werden, denn spätestens dann, wenn es kein Wachstum mehr
geben wird, müssen auch diese Erlöse konstant bleiben, oder im Fall
einer wirtschaftlichen Schrumpfung sogar zurückgehen.
Die
„Deckelung“ der Einnahmen aus Kapital
ist nicht nur zur Sicherung der sozialen Balance der Gesellschaft
unerlässlich, sie ist auch erforderlich, um den Zwang zu
wirtschaftlichem Wachstum, der durch die Kapitalakkumulation
entsteht, zu vermeiden.
Außerdem
beruht dieser grundsätzliche Paradigmenwechsel auf der Erkenntnis,
dass Kapital immer durch die Leistungen des Produktionsfaktors Arbeit
und durch die Verfügbarkeit des Produktionsfaktors natürliche
Ressourcen entsteht. Auch Geld-Kapital, das von der Notenbank oder
den Geschäftsbanken aus dem Nichts geschaffen wird, erhält seinen
Wert erst durch die von den Produktionsfaktoren Arbeit und natürliche
Ressourcen erbrachten Leistungen.
Die
bisher übliche und als selbstverständlich empfundene Entlohnung des
Kapitals ist deshalb eine Belohnung für die Ausbeutung der
natürlichen Ressourcen, was ein fundamentaler Fehler ist, denn die
Ressourcen sind begrenzt und auf ihre Nutzung haben alle Menschen,
auch die zukünftig lebenden, das gleiche Anrecht. Die Ressourcen
dürfen deshalb nicht zur Gewinnerwirtschaftung privatisiert werden.
Für
die Lösung der anstehenden Probleme ist ein grundsätzlich neues
ökonomisches Denken unabdingbar.
Aufgrund
dieser Erkenntnisse erscheinen folgende Leitlinien als angemessen:
-
Sparguthaben und ähnliche Geldanlagen werden nur noch in der Höhe der Inflation verzinst. Kreditzinsen orientieren sich damit ebenfalls an der Inflation, erhöht um die Bearbeitungskosten und ggf. die Kosten einer Kredit-Ausfallversicherung.
-
Erlöse aus Direktinvestitionen und Beteiligungen an Unternehmen mit beschränkter Haftung orientieren sich an der Höhe der Kreditzinsen.
-
Für Unternehmer/innen, die mit ihrem gesamten Vermögen haften, ist eine etwas höhere Gewinnausschüttung angemessen.
Gewinne,
die in einem Unternehmen erzielt werden,
sind das Resultat der Fähigkeiten, des Ideenreichtums und der guten
Zusammenarbeit aller im Unternehmen tätigen Mitarbeiter/innen, das
sind die Geschäftsleitung, die Führungskräfte, Ingenieure,
Betriebswirte, Fach- und Hilfskräfte, eben alle!
Unternehmen
erbringen wichtige Leistungen für die Gesellschaft; sie stellen
Arbeitsplätze zur Verfügung und erzeugen (überwiegend) nützliche
Produkte und Dienstleistungen, sie sind eigentlich der Motor der
Volkswirtschaft. Wir alle wollen und müssen während unseres
erwerbsfähigen Alters arbeiten, damit der Gesellschaft die
erforderlichen und gewünschten Produkte und Dienstleistungen zur
Verfügung stehen, und natürlich müssen wir dafür so entlohnt
werden, damit wir den für uns angemessenen Anteil an der
Wertschöpfung kaufen können. Zusätzlich leisten wir mit unserer
Arbeit und unserem Verdienst einen Beitrag, damit all diejenigen, die
keine Arbeit verrichten können, durch die soziale Umverteilung
ebenfalls am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Aus diesen
Gründen wollen wir, dass unsere Unternehmen in erster Linie dem
Gemeinwohl dienen und dass sie durch die Erwirtschaftung eines
angemessenen Gewinns die erforderlichen Zukunftsinvestitionen tätigen
können.
Da
die Erwirtschaftung eines Gewinns in einem Unternehmen das Resultat
der Leistung aller Mitarbeiter ist, ist die Definition eines
angemessenen Gewinns an der Lohnsumme auszurichten. Einen Gewinn von
4 bis 5 % der Lohn- und Gehaltssumme halten wir für angemessen.
Gewinne in dieser Höhe sollten mit dem Mindeststeuersatz besteuert
werden.
Dauerhaft
überhöhte Gewinne deuten darauf hin, dass entweder die eigenen
Mitarbeiter zu gering entlohnt, die Zulieferbetriebe nicht angemessen
bezahlt, oder von den Kunden ein zu hoher Preis verlangt wird.
Ein
Teil des Gewinns sollte deshalb an die Mitarbeiter/innen verteilt
werden, wobei jedoch die beschlossenen Bandbreiten der Entlohnung
einzuhalten sind.
Auch
eine Gewinnbeteiligung der Lieferanten ist denkbar, während die
Gewinnbeteiligung der Kunden wohl nicht möglich sein wird. Deshalb
ist es angemessen, wenn die Besteuerung der Gewinne, die über der
vorgeschlagenen Höhe von 4 – 5 % der Lohnsumme liegen, ähnlich
wie bei der Einkommenssteuer, progressiv ansteigt. So fließt ein
Teil des Gewinns wieder an die Gesellschaft zurück.
Auch
diese Vorschläge des Solidaritätsrates über die „Entlohnung“
des Kapitals und die Angemessenheit von Unternehmensgewinnen müssen
in den Parlamenten und in der breiten Öffentlichkeit diskutiert
werden. Das Resultat ist eine neue, konsensfähige Steuergesetzgebung
für die Kapital- und Gewinnbesteuerung.
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