Franz
Groll - Gechingen, Friedrich Naehring, Hermann Dörner und Michael
Ziege - Dresden
c/o
Friedrich Naehring, Bischofsweg 84, 01099 Dresden,
friedrich@naehring.info
Bundeskanzlerin
Dr.
Angela Merkel
Willy-Brandt-Straße
1
10557
Berlin
per
e-Mail und Briefpost
02.09.2019
Offener Brief zu den Koalitionsverhandlungen über Klimawandel
Sehr
geehrte Frau Bundeskanzlerin,
in
den vergangenen Jahren haben wir unsere Vorschläge den jeweiligen
Bundesumweltministerinnen vorgelegt und von ihnen Antworten erhalten,
die der jeweiligen politischen Linie entsprachen.
Anlässlich
der Koalitionsgespräche zum Klimaschutz im September 2019 ergreifen
wir die Gelegenheit, einen an der gegenwärtigen Entwicklung
fortgeschriebenen Entwurf für die ökonomische Steuerung des
Klimawandels vorzulegen, der zum Ziel führt, das Abkommen von Paris
2015 sicher einzuhalten.
Kernpunkte
sind, dass die kontinuierliche Reduktion des Ausstoßes von
Treibhausgasen wirklich gewährleistet ist, und die entsprechenden
wirtschaftlichen Veränderungen und Preise sozial ausgeglichen
werden. Wir legen eine Halbierung der Emissionen in jeweils 10 Jahren
unseren Vorschlägen zugrunde, was aus wissenschaftlicher Sicht wohl
Konsens ist. Die Vorschläge sind sowohl auf Deutschland, die EU und
auch andere Wirtschaftsräume mit ihren spezifischen Voraussetzungen
anwendbar.
Sollen
CO2 und andere Klimagase einen Preis haben? Ja.
Soll
der Preis festgelegt werden? Nein. Er soll für alle fossilen
kohlenstoffhaltigen Rohstoffe und für alle CO2 emittierenden
Prozesse wie Zementherstellung und Landwirtschaft als einheitlicher
zeitlich sich entwickelnder Marktpreis sich darstellen und wirken.
Der
Weg besteht in der Weiterentwicklung des gegenwärtigen
Emissionshandelssystems (ETS):
Die
Zertifikate werden verkauft und/oder versteigert nur noch an
Unternehmen, die Kohle, Erdöl, Erdgas und andere kohlenstoffhaltige
Rohstoffe fördern oder in den Wirtschaftsraum importieren.
Kostenlose Zertifikate werden vollständig abgeschafft wie es schon
in der Tendenz des jetzigen ETS angelegt ist. Die jährlich zu
vergebenden Zertifikate folgen genau der vorgegebenen
Reduktionskurve. Die jährliche Deckelung der Klimagasmenge halten
wir für den einzigen Weg, der sich noch zu diskutieren lohnt, auch
wenn er ökonomisch und gesellschaftlich schwer zu gehen sein wird.
Der CO2-Preis (Klimagaspreis) ergibt sich aus dem Marktgeschehen.
Primär werden damit die Rohstoffe jährlich teurer. Es ist Aufgabe
der Marktwirtschaft, der Industrie, der Finanzwirtschaft und des
Handels, diese erhöhten Rohstoffpreise in kostengünstige Produkte
umzusetzen. Durch den Marktmechanismus werden Produkte und
Dienstleistungen bevorzugt erzeugt werden, für deren Herstellung ein
verringerter Anteil an kohlenstoffhaltigen Rohstoffen benötigt wird.
Das heißt zusammengefasst, der Staat gibt nur noch die jährlich
erlaubte CO2-Menge vor und die Intelligenz der Menschen und des
Marktes optimieren die Umsetzung.
In
diesem System sind Energieerzeugungs-Unternehmen nicht mehr direkt im
Emissionshandelssystem, sondern die Vorlieferanten aus der
Rohstoff-Industrie und dem grenzüberschreitenden Einkauf. Der
Strompreis ergibt sich nicht mehr aus staatlichen Vorgaben wie
CO2-Steuern oder ähnlichem, sondern aus dem Markt.
Das
System einzuführen erfordert eine gewisse Zeit. Deshalb schlagen wir
für die nächsten 3 bis 5 Jahre eine sofort einführbare
Übergangslösung, einen leichter zu verwirklichenden Zwischenschritt
vor, der sich auch an den gegenwärtigen Diskussionen orientiert.
Diesem Vorschlag folgend zahlen die Unternehmen, die die Rohstoffe
fördern und importieren, einen CO2-Mindestpreis, der jährlich oder
in kleineren Schritten staatlich vorgegeben wird und sich zunächst
an anderen ambitionierten Staaten und dem oben genannten
CO2-Reduktionsziel orientieren soll. Durch diese Maßnahme erfolgt
eine schnelle Reduktionswirkung. Es wird damit aber das
Reduktionsziel nicht zwangsläufig erreicht, weshalb die zügige
Veränderung des ETS hin zu einer automatischen marktwirtschaftlichen
Klimawandelsteuerung dringend ist.
Die
soziale Ausgestaltung geschieht unserer Auffassung nach dadurch, dass
alle Einnahmen aus der CO2-Bepreisung, egal ob aus CO2-Mindestpreis
oder Zertifikate-Verkauf, gleichmäßig an die Bevölkerung
ausgeschüttet werden soll, denn die Kosten für die
kohlenstoffhaltigen Rohstoffe verursachen für Konsumenten
Preiserhöhungen, die kompensiert werden müssen, und zwar mit der
vorgeschlagenen Maßnahme verstärkt für die Leute mit kleinem
Geldbeutel. Aber jeder Markteilnehmer kann in der Tendenz die höheren
Preise der CO2-belasteten Produkte vermeiden, in dem er Produkte mit
geringerem CO2-Anteil kauft. Das trifft auch auf Benzin, Heizöl und
-gas und Strom zu. Alle, Produzenten, Händler und Konsumenten werden
nach Produkten streben, die klimagünstiger sind.
Wir
möchten zu diesem Sozial-Vorschlag ergänzen, dass es viele
Abwandlungen dazu gibt. Manche meinen, dass man einen Teil der
Einnahmen zur Förderung klimafreundlicher Technologien verwenden
sollte, auch wenn damit die Gefahr verbunden ist, dass mit der
Förderentscheidung bestimmte Technologien bevorzugt werden. Wir
haben auch Vorschläge zur Ausweisung der Klimakosten in den Preisen,
zur Vermeidung von Carbon-Leakage an den Grenzen des
Wirtschaftsraumes, für den Export von Wirtschaftsgütern und die
Intergration des bisherigen Subventionssystems. Das oben genannte
System wird am besten funktionieren, wenn alle Wirtschaftsteilnehmer
bei den notwendigen Innovationen und Investitionen unterstützt
werden. Durch eine verlässliche und klare Vorgabe des Weges bis 2050
wird es leicht sein, dass Banken und alle Wirtschaftsteilnehmer die
notwendigen Schritte gehen werden. Wir können auch vorschlagen, wie
Methan-Leakage, die Emissionen aus der Landwirtschaft und aus
industriellen Prozessen in der Steuerung des Klimawandels einbezogen
werden können. Abschließend erwähnen wir, dass das vorgestellte
System auch Ansätze bietet, die Probleme der Artenvielfalt und der
Überschreitung oder Bedrohung der planetaren Grenzen zu meistern.
Gern würden wir mit Ihnen aus der Exekutive zu diesen Aufgaben im
Gespräch bleiben.
Wir
wünschen Ihnen und damit uns Menschen viel Erfolg bei den
anstehenden Koalitionsgesprächen. Freundlich grüßt i.A.
Friedrich
Naehring
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